Seit Jahrhunderten begehrt und von aller Welt heiß geliebt, nimmt das Klavier eine Sonderstellung unter allen Musikinstrumenten ein. Zum einen als klischeehaftes Symbol der Klassik à la Beethoven und Mozart, zum anderen assoziiert mit Liebe, Romantik und Charme, kommt es in vielerlei musikalischen Meisterwerken zur Anwendung und findet in unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten Anklang -und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Von der massiven Erscheinung geprägt, vermag ein Laie das vielseitige Tasteninstrument als robust einstufen, doch der Schein trügt, denn gerade ein Klavier ist zart beseitet. Nicht nur ist höchste Sorgfalt im Umgang mit dem Instrument geboten, sondern auch die Liebe zum Klang spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle, wenn es um die unumgängliche Pflege des Musikinstruments geht.
Damit auch Sie sich möglichst lange an den Klängen Ihres Klaviers erfreuen können, steht bei Beachtung der folgenden Punkte, einem langen Klavierleben nichts mehr im Wege.
Opernbühnen, Heimtheater und Kellerpodeste
Wer hier nun auf verschneite, idyllische Adventsonntage neben dem Kamin mit einem seeligen “ Oh du Fröhliche” verhoffte, wird an dieser Stelle vermutlich enttäuscht sein: nicht nur birgt ein Kamin die Gefahr, ein feuriges Klangorchester in einen lichterloh brennenden Holzscheitel zu verwandeln, sondern auch ist buchstäblich mit Abstrichen an Lack und Holzfunier zu rechnen.
Klar im Vorteil ist hier ein Digitalpiano, welches nahezu überall seinen Platz finden kann, jedoch besteht auch hier wieder Brandgefahr neben Öfen und Kaminen.
Besonders wohl bekommt es Ihrem Instrument in Räumlichkeiten mit konstanter Temperatur zwischen 18 und 24 Grad Celsius und einer angenehmen Luftfeuchtigkeit zwischen 40% und 60%. Im Fachhandel erhalten Sie einen sogenannten Hygrometer, mit welchem die Luftfeuchtigkeit akkurat und jederzeit überprüft werden kann.
In weiterer Folge hat es sich ebenfalls bewährt, auf Fußbodenheizung weitgehend zu verzichten,da auch hier die empor klimmende Wärme im schlimmsten Fall Risse in Resonanzboden und Stimmstock zur Folge haben können. Nicht zu vernachlässigen ist ebenfalls die unbestreitbar markante Akkustik. Mehr dazu finden Sie hier: Den perfekten Platz finden
Blitzeblank - mit Mikrofaser zur Hochglanzpolitur
Ist der richtige Platz mal gefunden, stellen einen ungewaschene Hände und schmutzige Schokoladen - Kinderfinger vor ein weitaus schwerwiegenderes Dilemma: der einst so schöne Glanz verblasst und ungeliebter Schmutz macht sich ungehindert breit. An dieser Stelle macht sich der längst aus der Mode gekommene Staubwedel wieder nützlich. Mit diesem streicht man sanft über die geschlossenen Gehäuseoberflächen des akustischen Klaviers sowie des Digitalpianos und löst damit auf einfache Weise lockeren Staub, der sich im Laufe der Zeit angesammelt hat. Sollte das Tasteninstrument keinen Deckel zum Abdecken der Klaviatur aufweisen, deckt man die Tastatur zunächst mit einem passenden Tuch ab, sodass die umher wirbelnden Staubpartikel nicht auf dieser zu landen vermögen.
Unliebsame Flecken lassen sich hingegen auf einer lackierten Holzoberfläche durch ein feuchtes Mikrofasertuch entfernen, mit dem man behutsam über die Oberfläche streicht. Ein feinporiger Lappen, angefeuchtet mit ein wenig Glasreiniger sorgt wieder für verführerischen Glanz auf Ihrem Klavier. Ist die Holzoberfläche satiniert, sollte man unter keinen Umständen Wasser als Reinigungsmittel verwenden. An diese Oberflächen sollten nur spezielle Holzpflegemittel sowie ein weiches Tuch Anwendung finden, um für ein optimales Ergebnis zu sorgen.
Bei Digitalpianos im unteren bis mittleren Preissegment, ist die Holzoptik in der Regel durch Furniere realisiert worden. Hier genügt zur Reinigung ein weiches Tuch, ebenfalls angefeuchtet mit ein etwas Glasreiniger. Bei hochpreisigen Ausführungen gilt es zu analysieren, welche Gehäuseoberfläche geboten ist. Liegt ein Echtholzgehäuse vor, ist gleich wie beim akustischen Klavier zu agieren.
Tastatur auf Hochzeitsweiß
Die sensible Klaviertastatur wird am besten mit einem Staubwedel sanft abgestrichen und danach mit einem leicht angefeuchteten Mikrofasertuch gereinigt. Hartnäckigen Verschmutzungen und Unreinheiten rückt man am besten mit Hilfe von Glasreiniger zu Leibe, welcher vorher auf das Tuch gesprüht wurde.
Wichtig dabei ist, dass das Tuch lediglich feucht ist und keine Flüssigkeit zwischen die Tasten laufen kann. In der Reinigungsbewegung sollte das Tuch immer von hinten nach vorne über den Tastenrand gezogen werden, sodass sich der die Schmutzpartikel nicht am hinteren Tastenende im Filz sammeln.
Ist die Klaviatur mit echtem Elfenbein belegt, sollte diese keinesfalls mit Wasser in Berührung kommen. Im Falle grober Verschmutzungen, sollten sie die Aufgabe unserem Fachpersonal übergeben, welche die Reinigung sowie das Aufhellen bereits vergilbter Tastenoberflächen mit einem speziellen Bleichmittel vornimmt.
Pedalreinigung nicht nur in Autos
Mit dem Fuß zu bedienende Objekte sind bekanntlich verschmutzt. Dies gilt ebenso für die empfindlichen Pedale des Klaviers. Was beim Auto mit einem alten Lappen und roher Gewalt schnell getan ist, bedarf beim beliebten Tasteninstrument besonderer Hingabe. Zur Reinigung der Pedale eines akustischen Klaviers genügt ebenso ein leicht angefeuchtetes weiches Mikrofasertuch um leichte Verschmutzungen zu entfernen. Gerade bei in die Jahre gekommenen Modellen hilft ein Kupferputzmittel, um die Pedale in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Dabei sollte man darauf achten, dass das Putzmittel keinesfalls mit dem Pedalkasten in Berührung kommt, um unschöne Flecken zu vermeiden.
In weiterer Folge kommt es darauf an ob Pedale aus authentischem Kupfer oder modernen Materialien wie beispielsweise Kunststoff oder lackiertem Metall gefertigt sind, bei letzterem genügt ein angefeuchtetes Mikrofasertuch.
Auch ein Klavier möchte sich seiner Stimme erheben
Um die bezaubernde Harmonie des Klanges zu erhalten, sollte das akustische Klavier mindestens einmal pro Jahr gestimmt werden. Befindet sich das Instrument in einem klimatisierten Raum, hält sich der Grad der Verstimmung auch über einen längeren Zeitraum hinweg in einem konstanten Bereich. Steht der geliebte Freund jedoch gar an einem offenen Fenster oder sogar in einem mit Kamin beheizten Raum, so lassen große und wechselnde Temperaturunterschiede das Instrument schnell verstimmen und schließlich verstummen. Auch nach einem Umzug und dem damit verbundenen Strapazen des Transports, sollte sich das akustische Klavier zwischen zwei bis sechs Wochen akklimatisieren und einleben dürfen, um danach die erste Stimmung anzudenken. Diese bleibt dann auch wesentlich länger erhalten.
Ein Digitalpiano muss im Gegensatz dazu nicht gestimmt werden. Wieso genau erklären wir anschaulich und verständlich in diesem Vergleich: E-Piano vs klassisches Klavier
Klavierspiel als Reinigung für Instrument und Seele
Die schöne Nachricht an dem Ganzen: Das eigentliche musizieren an Ihrem geliebten Instrument trägt maßgeblich zur Erhaltung und Pflege bei. Gerade ältere akustische Klavier und prachtvolle Flügel verfügen in ihrem komplexen Spielwerk über eine Vielzahl an Filzen, die in statischem Zustand gerne Motten und anderem Ungeziefer zum Opfer fallen.
Zum anderen befinden sich in der inneren Klaviermechanik eine Vielzahl an beweglichen Teilchen, welche im laufe der Zeit ihre dynamische Funktion verlieren können, sollten sie länger nicht betätigt worden sein.
Die sensible Tastatur eines Digitalpianos hingegen, ist im direkten Vergleich wesentlich unempfindlicher konstruiert und einfacher aufgebaut, als die eines mechanischen Klaviers. Weiters sind Digitalpianos aufgrund ihrer beinahe filzlosen Bauweise nicht am Speiseplan des rücksichtslosen Untieres alias Motte zu finden.
Kleiner Genuss, großes Drama
So legere sich der Cabernet Sauvignon oder Merlot im bauchigen Kristallglas auf dem Klavier auch machen mag, so groß ist ebenso das Risiko durch eine kleine Unachtsamkeit das zerbrechliche Glas zum kippen zu bringen und somit erhebliche und unter Umständen irreversible Schäden in und am Instrument zu verursachen. Daher wäre es Ihrem Klavier zuliebe am sinnvollsten, das Champagner- oder Sektgläschen doch in der Küche zu lassen...
Dieser Hinweis gilt gleichermaßen auch für das Digitalpiano, denn dieses wird mit Strom betrieben und gefährliche Kurzschlüsse sowie irreparable Schäden sind im schlimmsten Fall die Folge.
Selbst wenn kein Glas verschüttet wird, können Getränke unschöne Feuchtigkeitsränder hinterlassen. Kalte Drinks lassen bei warmer Luft Wasser an der Außenseite kondensieren, welches ohne Untersetzer einen ärgerlichen kreisrunden Fleck hinterlassen kann.
Nicht überraschend vermag für Kenner die Tatsache sein, dass ein Klavier abgesehen von der Anschaffung, noch weitere Pflege und Achtsamkeit benötigt. Ein akustisches Klavier ist um ein Vielfaches aufwendiger aufgebaut als ein Digitalpiano und somit wesentlich empfindlicher in der Handhabung, als das digitale Pendant. Beide Instrumententypen verfolgen dennoch den selben Zweck: Sie sind dazu geschaffen, musikalische Freude zu bereiten. Damit diese folglich lange währt, genügt es eigentlich schon, diese Tipps der Pflege im Hinterkopf zu behalten und gelegentlich auch anzuwenden. So ermöglichen Sie sich und Ihrem Instrument viele schöne Jahre der Freude und Begeisterung.
Klavierbaumeister seit 2003 Inhaber des Klavierhauses Streif seit 2006 Allg.beeid. u. ger. zert. Sachverständiger für Klaviere